Mittwoch, 6. Mai 2009

T-komm-Mann

T-Komm-Mannb Seit die gelben Telefonhäuschen, die nicht nur das Straßenbild prägten, sondern gern auch mal streng rochen, weitestgehend abgeschafft sind, sieht man die dafür eingerichteten "Ersatzteile" nur noch selten. Jene eher strichförmig anmutenden, grau-magentafarbenen öffentlichen Telefongelegenheiten, für die es nicht mal einen Namen gibt. Vorzugsweise auf Bahnhöfen anzutreffen. Und weil inzwischen jeder Bundesbürger 1,3 Handys hat, ist weder damit zu rechnen, dass ihre Bedeutung steigen wird, noch, dass sich für diese technischen Konstrukte ein Name finden wird. "Low interest product" nennt das der Marketingexperte. Wie Klopapier. Benutzt man, aber man weiß den Namen nicht.

Das auch nur so vorweg, um nicht zu abrupt in folgende Begebenheit hinein gestoßen zu werden. Menschen brauchen eine Einführung. Zeit, sich umzugucken, Zeit, anzukommen, um sich einlassen zu können. Denn mit den Gedanken sind wir immer ganz woanders. Und unser Körper ist nach der schmissigen Fahrt im Porsche zwar schon da, aber die gute Seele schlurft noch hinterher. Is' ja auch kein Wunder, bei dem Alter. Also: Füße auf den Boden, ein- und auch wieder ausatmen.

Gestern an einem dieser "Telephone-Points" (Arbeitstitel) geschah es nämlich, dass ein Techniker den oberen Teil der Einrichtung öffnete und tatsächlich Kabel darin vorfand. Er werkelte nun sehr eifrig, vermutlich suchte er einen Fehler. Fand ihn aber nicht, wie ich seinem Fluchen entnahm. Er griff nach seinem Handy und versuchte einen Anruf. Versuchen heißt ja, man unternimmt die erforderlichen Handlungen, nur der gewünschte Erfolg tritt nicht ein. So auch hier, denn über das Versuchsstadium kam er nicht hinaus. Er resignierte. Seine Schultern hingen herunter und sein ganzer Körper, eine inkarnierte, saft- und kraftlos gewordene Erfolglosigkeit.

Das rief mein Mitgefühl auf den Plan und flugs zauberte ich aus meiner Tasche ebenfalls ein Handy, hielt es ihm hin und sagte mit einem Augenzwinkern: "Hier, andere Gesellschaft, funktioniert." Mit Tränen in den Augen nahm der Mann mein Handy, telefonierte damit einwandfrei (ich lüge ja nicht), griff zielsicher nach einer losen Strippe und konnte den "Telephone-Point" wieder in Gang setzen. Sofort schoss Hoffnung in unseren Techniker und er lud mich spontan zu einem schönen Essen ein. Das Essen war schön. Nicht, dass er mir nun unaufgefordert seine Leidensgeschichte in einem großen Konzern berichtete. Aber so ist das im modernen Leben: vieles gibt es nur noch als Paket. Du willst das eine, musst das andere aber auch nehmen. Da kommt dann leicht eins zum anderen.

Die gute alte Zeit, sie  ist vorbei. Und wenn man richtig hinschaut und der Verklärung widerstehen kann, stellt man fest: Die alte Zeit war nicht immer gut, manchmal roch sie auch komisch. Wie die gelben Telefonhäuschen.

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